Vulkane und Regenwald 01.02. - 17.02.2020
Ecuador, das Land der Vulkane (es gibt davon noch eine ganze Reihe aktiver) und ein Land so groß wie die alte Bundesrepublik mit knapp 17 Mio. Einwohnern, empfängt uns schon am ersten Fahrtag grün .... eine Wohltat für die Sinne nach der langen Wüstenei im Norden Perus. Uns begegnen saubere Städte und Dörfer mit fertig gebauten Häusern und freundlichen Menschen und die Toppes (schlafende Polizisten in Form von Betonspeedbrakern), die bei Nichtbeachtung wahrscheinlich ein kleineres Fahrzeug zerlegen können, halten sich in Grenzen. Wolkenverhangene Berge und tiefe Täler begleiten uns auf unserer Fahrt.
Wir lassen die erste größere Stadt, Loja, hinter uns, nicht ohne den Placa de Mayor mit der Catedrale und den Markt besucht zu haben. Cuenca, die alte Inkahauptstadt des Nordens, liegt vor uns und ich fiebere bereits dem höchsten Vulkan Ecuadors entgegen, dem Chimborazo mit 6370 m Höhe. Doch auch Cuenca hat einiges zu bieten, einen wunderschönen Stadtkern, natürlich im Kolonialstil, einen Markt, der keine Wünsche offen lässt, wenn es um das leibliche Wohl geht .... doch Vorsicht .... Schälen von Obst und Abkochen von Gemüse ist angeraten ... sonst folgt eventuell für unsere zarten europäischen Mägen und Gedärme Montezumas Rache (wie ich leider zum wiederholten Male feststellen muss).... und das ist kein Spaß.
Aber Cuenca hat noch mehr zu bieten. Hier ist die Produktionsstätte des originalen Panamahutes ansässig mit einem kleinen Museum, das über die technische Entwicklung der Herstellung des begehrten Hutes Auskunft gibt. Ein kleiner Exkurs in das Reich der Legenden erhellt die Frage, wieso der Panamahut eigentlich Panamahut heißt, obwohl er doch aus Ecuador kommt: ...... anlässlich der Weltausstellung 18..??? in Frankreich war zum Zwecke der Absprachen bezüglich des Baus des Panamakanals, mit dem die Franzosen anfänglich beauftragt waren, eine panamesische Delegation angereist, deren Mitglieder allesamt eben jenen, damals noch in Handarbeit und aus der Faser einer ganz speziellen Palmenart gefertigten Hut aufhatten. Diese Palmenart wächst jedoch nur im Regenwald Ecuadors (?) und das Design dieses Hutes war die Kreation einer ecuadorianischen, in Cuenca ansässigen Familie mit 10 Kindern, deren Nachfahren noch heute dieses Gewerbe betreiben und dessen Resultat die Welt nach der Weltausstellung eben als „Panamahut“ eroberte..... Wir hatten auf jeden Fall viel Spaß bei der Anprobe diverser Hutmodelle.
Eigentlich sollte unser nächstes Etappenziel Banos heißen. Banos, das Tor zum Regenwald Ecuadors, lockt mit Wasserfällen, tiefen Schluchten und Thermalquellen. Wir lassen uns nicht betören von dem Angebot .... uns lockt etwas anderes, ein Ausflug zum Vulkan Chimborazo, der sich nach Aussage vieler Reisender in der Regel in eine Wolkenschicht hüllt. Nicht so an diesem Morgen .... Michael und Chris, unsere „Vorreiter“, wenn es um die Entdeckung „abwegiger“ Pfade geht, sind bereits am Vortag aufgebrochen und haben uns als „Morgengabe“ einen unverhüllten Chimborazo mit Schneekappe per WhatsApp geschickt..... das spornt an ..... 250 km liegen bis dahin vor uns. Wir brechen zeitig auf (die Sonne ist unser Begleiter), legen einen Zwischenstopp in Colta an der ältesten Kirche Ecuadors (1534) ein und werden doch tatsächlich an diesem Ort mit dem „Haleluja“ begrüßt, was mich mental ganz schön aus der Fassung bringt. Es versteht sich, dass ich für unsere Familien jeweils eine Kerze anzünde und in Gedanken bei euch bin.
Am Straßenrand haben kleine Verkaufsstände geöffnet, die gegrillte Meerschweinchen zum Verzehr anbieten. Nach langem Zögern lassen wir uns der Erfahrung wegen auf das Angebot ein (es bleibt viel von dem Wenigen auf dem Teller), ehe wir uns mit unseren fahrbaren Untersätzen weiter, mal wieder bis auf atemberaubende 4400 m Höhe, hinaufschrauben.
Deshalb verlassen wir die Panamericana Sur in Richtung Westen und erleben am frühen Nachmittag den Chimborazo in seiner ganzen strahlenden Schönheit inmitten einer großartigen Natur. Auch die scheuen Vicunas sind wieder zu sehen ...... wie habe ich das vermisst trotz all der wunderbaren Kultur, die wir erleben durften. Mir geht das Herz auf, mal wieder fühlen wir uns vom Universum geküsst ....
die bunten Asche- und Bimssteinschichten des Chimborazo am Wegesrand auf ca 4000 m Höhe
Gemeinsam mit zwei weiteren Fahrzeugen aus unserer Truppe suchen wir uns einen Übernachtungsplatz in „freier Wildbahn“ auf 3800 m, nicht schön, aber für die Weiterfahrt bestens geeignet und trudeln am anderen Tag nach gemütlicher Fahrt abseits der Autopista E35, diesmal auf der Ostroute, gegen Mittag in Banos ein. Der Rest des Tages ist mit Reperaturarbeiten an unserem Grauen ausgefüllt. Wir haben unterwegs Kühlflüssigkeit in großer Menge verloren ..... die Ursache ist bald gefunden, die Runde der „weisen alten Männer“ beratschlagen J ..... und am nächsten Morgen können wir die Fahrerkabine wieder in die richtige Position bringen ...... der Regenwald am Rio Nappo im Amazonasgebiet ruft und damit vier richtige Urlaubstage im paradiesischen Casa del Suizo. Unsere Caravans lassen wir unter Aufsicht am gegenüber liegenden Ufer zurück und mit dem Nötigsten bewaffnet, werden wir per motorisiertem Einbaum ins Paradies verschifft....
Der Traum vom (fast) unberührten Dschungel erfüllt sich .... Bootstouren auf dem Rio Nappo, je nach Laune auch mit dem Balsafloß und Schwimmen in den Stromschnellen, schweißtreibende Dschungelwanderungen mit Spaßfaktor, authentische und unglaublich offene Begegnungen mit indigenen Quechuas, Kakao und Caimane (kleine Alligatoren), Schmetterlinge ........ Eintauchen in fremde und durch Film und Fernsehen vorgeprägte Welten, die nicht einmal durch Moskitoschwärme zu schmälern sind .... gepaart mit Luxus vom Feinsten (Unterkünfte und Verpflegung lassen für mich keine Wünsche offen) ein Refugium, geeignet, Träumen Flügel wachsen zu lassen .......
hier reicht der Platz nicht .....hier müsst ihr die Bildergalerie bemühen!
Wir lassen die Seele baumeln und nur zu schnell ist auch diese Zeit vorbei ... ein Stück Sehnsucht nach diesem mit Sicherheit nicht einfachen aber doch so ursprünglichen Leben wird in mir bleiben ..... Die Straße ruft .... Quito, die Hauptstadt Ecuadors und damit ein Kontrastprogramm, erwartet uns .....
Doch der Urwald will uns zunächst nicht hergeben. Nach einer 5-stündigen Zwangspause wegen eines Erdrutschs können wir unsere Weiterfahrt fortsetzen. Unterwegs begegnen uns noch andere Baustellen dergleichen Art und mit dem Licht der untergehenden Sonne winkt uns der Vulkan Pambamarca mit einer Schneefahne. Quito erreichen wir nach Sonnenuntergang und der kleine Parkplatz am Rande der Stadt mit wenig Freiraum für Privatsphäre lässt die Gemüter noch einmal aufkochen ....
Die obligatorische Stadtführung mit einem sehr symphatischen Guide offeriert uns die tolle Altstadt von Quito, die Stadt am Äquator mit dem allgegenwärtigen Plaza Major, gesäumt von prachtvollen Gebäuden im Kolonialstil mit verspielten Springbrunnen und einer überbordenden Kathedrale. Wir lassen uns ein auf das Getümmel ....
wer mehr sehen möchte, der gehe bitte in die Bildergalerie!
....... am anderen Morgen jedoch zieht es uns 4 Ausreißer wieder in die Natur. Der Vulkan Cotopaxi, das Wahrzeichen Ecuadors und zweithöchster Vulkan mit 5897 m lockt uns ins Naturreservat .... nicht umsonst, denn der Riese verwandelt sich vor unseren Augen und zeigt sich am Nachmittag in seiner ganzen Pracht.
wir sind vollzählig eingetrudelt
Wilpferde in wilder Natur!
Am Abend ist am sternenklaren Himmel die Milchstraße zu sehen. Das hatten wir schon lange nicht mehr. Die Nacht auf fast 3900 m Höhe ist eisig und am nächsten Tag finden wir im knapp 250 km entfernten Ibarra den Anschluss zu unsrer Truppe wieder, mit Zwischenstopp am tatsächlichen Äquator, dem Quitsato (oder der Sonnenuhr).
In unserem Nachtquartier in Stadtnähe von Ibarra angekommen, gibt es am Abend die ultimative Geburtstagsfeier der „Nicht- (auf unserer Reise) geburtstagskinder“ mit landestypischer Liveband, ein gelungener Abend, nur bin ich todmüde ....
Zwei Tage verbleiben uns noch im schönen Ecuador, die wir nutzen werden, das traditionelle Kunsthandwerk der Quechua in der Region Otavalo zu studieren und das so authentisch wie möglich, denn inzwischen haben auch hier chinesische Nachahmungen Einzug gefunden. Wir besuchen einen Binsenflechter, einen Gürtelmacher und einen Musikinstrumentenhersteller.....
......und natürlich auch den berühmten und bunten Markt von Otavalo.
Eine Wanderung durch die außergewöhnlich schönen Wälder des Nordens, die Paramo-Wälder von El Angel, mit bis zu 1500 Jahre alten Polylepis-Bäumen, seltenen Gebirgspflanzen und einer extrem widerstandsfähigen Staude mit Namen „Speletia grandiflora“ mit samtigen, feinbehaarten Blättern und gelben Blütenköpfchen ist der krönende Abschied von diesem wunderbaren Land Ecuador. Dazu geht es noch einmal auf 3600 m Höhe.
Die gleichnamige Lodge Polylepis empfängt uns mit einem unglaublichen Ambiente, flackerndem Kaminfeuer und bezaubernd eingedeckten Tischen, eine Überraschung, die wir hier so nicht erwartet haben. Das kredenzte Menu lässt nichts zu wünschen übrig.
Ein Geschenk Pachamamas an den Bosque de Polylepis ist dieser einzigartige Baum, dessen Alter auf 3000 Jahre geschätzt wird (?). Ein Stück meines Herzens schenke ich diesem Land Ecuador und sollte ich den Wunsch verspüren, einmal nach Südamerika auszuwandern, dann ist Ecuador mein Favorit.
Für unsere Weiterreise nach und durch Kolumbien ist nun erst einmal Nachrichtensperre verhängt. Für euch geht es dann in der Länderrubrik Kolumbien weiter. An dieser Stelle auch wieder ein Dankeschön für die vielen lieben Zuschriften, die uns erreicht haben, von Nigora sogar auf deutsch.